Wolf Graf von Baudissin,
ca. 1980 (© IFSH)


Zum Denkstil und zum "Programm" von  


Wolf Graf von Baudissin

(1907-1993)


Notizen auf Grund regelmaehssiger Besuche in den Jahren 1972-91 [15]

Ueberarbeitete Fassung mit Nachtraegen, 10. Februar 2008 [14] 


Vorbemerkung :  Der folgende Text ist eine wichtige Ergaenzung zum Wikipedia-Artikel, weil er aus persoenlicher Kenntnis des Autors Hintergruende des Denkens von Graf Baudissin darstellt, wie es ein Lexikon-Artikel seiner Natur nach nicht kann. Auch die fachlichen Aufsaetze von und ueber Baudissin machen die folgende Darstellung nicht ueberfluessig.


Zur ersten Uebersicht siehe die tabellarische Kurzbiographie von Wolf Graf von Baudissin (mit Foto aus den 1950er Jahren). Vgl. auch den Artikel in der Wikipedia mit weiteren Links.

Der Name Baudissin leitet sich von dem der Stadt Bautzen ab, wo seine Vorfahren Burggrafen gewesen waren. Einer dieser Vorfahren, Wolf (Heinrich) Graf von Baudissin (1789-1878), war ein bekannter Shakespeare Uebersetzer nach 1830. Ein Onkel, ebenfalls mit Vornamen Wolf, Wolf (Ernst Hugo Emil) Graf von Baudissin (1867-1926), war ein um 1900 viel gelesener Autor, der unter dem Namen "Freiherr von Schlicht" humorige, aber nicht unkritische Skizzen und Romane, besonders auch aus dem militaerischen Milieu schrieb. Es gab auch einen bedeutenden Theologen unter den Verwandten Baudissins, Wolf Wilhelm Friedrich Graf von Baudissin (1847-1926), der 1912/13 Rektor der Humboldt-Universitaet in Berlin war. Wieweit diese bekannten Verwandten Baudissin schon als Kind und Jugendlichen beeinflusst haben, ist nicht belegt, aber sicher erklaeren sie einiges von seinem starken Ego und von seiner inneren Unabhaengigkeit gegenueber dem Militaer. Denn diese bekannten Baudissins waren ja Zivilisten. Weshalb haette er also das Militaer bewundern sollen ?

Baudissin ist am 8.5.1907 als Sohn eines preussischen Landrats [1]  in Trier geboren, verbrachte aber seine Schuljahre in Neustadt in West-Preussen, wohin sein Vater bald nach Geburt des einzigen Kindes versetzt worden war. [2]  Nach dem Abitur studierte Baudissin in Berlin zwei Semester Jura, Oekonomie und Geschichte in der Absicht, Zivil-Beamter wie sein Vater zu werden. Als dieser aus politischen Gruenden entlassen wurde, ging Baudissin, vom Staat enttaeuscht, zur Reichswehr. Nach kurzer Militaerzeit (April 1926 bis September 1927) bereitete er sich darauf vor, ein von Verwandten muetterlicherseits (v.Borcke) geerbtes Gut in Holstein zu uebernehmen. Zu dem Zwecke studierte er noch landwirtschaftliche Betriebslehre bis zum Abschluss als staatlich gepruefter Landwirt 1930. Als das Gut aber wegen der damaligen Wirtschaftslage verkauft werden musste, ging er im Oktober 1930 zur Reichswehr zurueck, ab 1932 zum IR-9 in Potsdam. Die militaerische Laufbahn war also nicht Baudissins urspruengliche Absicht.

Eine gute Uebersicht ueber den eigenen Lebenslauf gibt Baudissin selbst in seiner Abschiedsvorlesung als Gruendungs-Direktor des "Hamburger Instituts fuer Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg". (IFSH) vom 18. Juni 1986. [3]  Dort sagt er auch, dass "rote" Matrosen vom nahen Seefliegerhorst das Haus der Eltern 1918 unmittelbar nach dem Kriege vor Pluenderung retteten, und so erlebte er als 11 Jaehriger "dass 'rot' nicht gleich 'boese' sein muss."  Weiter sagt er, dass durch diese Erlebnisse sein Interesse fuer differenzierte politische Zusammenhange geweckt worden sei, und dass er auch darum Geschichte studiert und in der neuen Bundeswehr im "Amt Blank" fuer die Offiziersanwaerter ein Studium Generale gefordert habe. Woertlich : "Dabei ging es mir in erster Linie nicht um den Unterricht fuer Mannschaften, sondern um den fuer Offiziere und Feldwebel. Werden die Fuehrer mit Konsequenz in Stoff und Methodik dieses (politischen Unterrichts) laufend eingewiesen, bereitet der Unterricht in den Einheiten keine Schwierigkeiten, waehrend politisch ungebildete Vorgesetzte in politischen Krisen hilflos und unglaubwuerdig reagieren."

Obwohl Baudissin wie die meisten Offiziere der Wehrmacht grundsaetzlich loyal zur Weimarer Republik stand, wurde er schon bald mit dem Unrecht der Nazis konfrontiert. Ein entscheidendes Erlebnis war die "Fritsch-Blomberg-Affaere" von Anfang Februar 1938 :  Der Kriegsminister von Blomberg und der Chef des Heeres von Fritsch wurden unter ehrenruehrigen Beschuldigungen ihrer Aemter enthoben noch bevor der Fall gerichtlich geklaert war. Hintergrund war, dass beide Hitlers Angriffsplaenen im Wege standen, weil sie diese fuer uebereilt hielten. Die niedertraechtige Art des Vorgehens der Nazis, und die Feigheit, mit der das Militaer diese Beleidigungen hinnahm, veranlasste Baudissin und Henning von Tresckow, bei ihrem Vorgesetzten, General Erwin von Witzleben, um Entlassung aus dem Dienst zu bitten. Von Witzleben, der spaeter als Mitwisser der Verschwoerung vom 20.Juli 1944 hingerichtet wurde, fragte rundheraus, ob sie zum Widerstand nicht mehr bereit seien, und riet ihnen, bei der Reichswehr zu bleiben, weil sie nur so ueberhaupt die Chance haetten, im guten Sinne auf die Ereignisse Einfluss zu nehmen. Ein altes Dilemma. Tresckow als ein Hauptbeteiligter der Verschwoerung, brachte sich nach dem Scheitern selbst um. [4]  Baudissin war gluecklicherweise in englischer Gefangenschaft dem Zugriff der wuetenden Nazis entzogen. Seine spaetere Frau, die er damals schon von gesellschaftlichen Veranstaltungen in Berlin her kannte, war mit fuehrenden Widerstaendlern in Berlin - von Hassell, von Trott, ua. - befreundet. Man war sich einig in der Verurteilung Hitlers, redete aber natuerlich nicht offen ueber geplante Aktionen. [5]  In diese Zeit der Unsicherheit von 1941 bis zur Entlassung Baudissins aus englischer Gefangenschaft am 7.7.1947  fallen die unter [3] erwaehnten Briefe. Im August 1947 wurden Baudissins kirchlich getraut.

Zur ersten Nachkriegszeit lasse ich wieder Baudissin selbst zu Wort kommen (aus [3], S.265) :  // Mit der Entlassung aus der Gefangenschaft und damit aus dem Dienst begann ein in jeder Hinsicht neues Leben. Ich konnte unter die Fittiche meiner Frau, einer bekannten Bildhauerin [6]  fluechten, und zusammen mit ihr eine "zwei Mann"-Werkstatt fuer Keramik aufbauen. Es waren glueckliche produktive Jahre weitgehender Selbstaendigkeit, waehrend denen ich mich nebenher in der evangelischen Gemeinde betaetigte und Gelegenheit erhielt, im Auftrag der Kirchen und Gewerkschaften Kurse ueber Menschenfuehrung im Bergbau abzuhalten. Dabei lernte ich viel, was mir spaeter beim Konzept der "Inneren Fuehrung" zugute kam. Eines wurde mir besonders klar :  Wie sehr die Qualitaet der Menschenfuehrung und des Betriebsklimas von der permanenten Weiterbildung des Fuehrungspersonals abhaengt. Ich erlebte handgreiflich, dass die meisten Ungeschicklichkeiten und Pannen des Alltags nicht aus boesem Willen oder Nachlaessigkeit, sondern aus Hilflosigkeit passieren. //

Baudissins lebten damals auf Schloss Cappenberg bei Luenen, wo sie in einem grohssen Gartenhaus ihre Wohnung und ihr Atelier fuer die Toepferei hatten. Von dort fuhr Baudissin also nach Luenen oder Dortmund zu den oben erwaehnten Kontakten mit Bergbau und Gewerkschaften. Dann bittet im Sommer 1950 ein ehemaliger Kamerad aus dem IR-9 (Axel von dem Bussche) Baudissin im Auftrag Adenauers, zur Vorbereitung einer neu aufzubauenden Bundeswehr an einer Tagung im Kloster Himmerod in der Eifel teilzunehmen. Das Weitere gehoert zur Geschichte der Bundeswehr und muss hier nicht wiederholt werden. Wichtig ist aber, was Baudissin in seiner Hamburger Abschiedsrede 1986 dazu sagt (sinngemaehss nach [3] S.267) :  Sehr bald bildeten sich zwei Fronten, wie sie in der einen oder anderen Form bis heute (=1986) in der Bundeswehr bestehen :  Fuer die eine Seite ging es um eine moeglichst baldige Wiederherstellung der Verteidigungsbereitschaft gegen den stalinistischen Osten, also den inzwischen (1955) gegen die NATO aufgebauten Warschauer Pakt, und zwar unter direkter Anknuepfung an die Erfahrungen und an das noch verfuegbare Personal der ehemaligen Reichswehr und speziell derer, die an der Ostfront gekaempft hatten. Fuer die andere Seite - zu der auch Baudissin selbst gehoerte - ging es um eine bewusste Abkehr von dieser Vergangenheit, um eine voellige Neugruendung der Bundeswehr aus einem anderen Geist "ohne Anlehnung an die Wehrmacht", wie es in der Himmeroder Denkschrift ausdruecklich heisst. Baudissin begruendet seine Position so (aaO, S.267, woertlich) : // Prinzipiell bewegten mich (B.) die Erfahrungen der Zeit zwischen 1933 und 1945. Es hatte sich gezeigt, dass die herkoemmlichen soldatischen Wertvorstellungen, Normen und Verfahren den Lockungen und Drohungen des Unrechtssystems nicht gewachsen waren. ... Das Gefuehl, mitverantwortlich zu sein bei der Ausfuehrung oder Duldung eindeutig verbrecherischer Befehle, hatte sich mit wenig einleuchtenden Entschuldigungen betaeuben lassen. Die "soldatischen Tugenden" hatten nicht vor falschen Kompromissen bewahrt; sie hatten sie sogar gerechtfertigt. ... Hier mussten neue Wertvorstellungen wachsen, ... um ... die Soldaten ... zu vollwertigen Staatsbuergern werden zu lassen. (Und dann: ) Die Realitaet des Kernwaffenzeitalters war in Betracht zu ziehen. Hatte in der Vergangenheit die erwartete Bewaehrung vor dem Feinde das Selbstverstaendnis ... des Militaers bestimmt, so konnte dies heute nur eine Kriegsverhuetungs-, d.h. Abschreckungsfunktion ... tun. Dabei war auf jede Art von Sieg bewusst zu verzichten. Streben nach Sieg zwingt zu politisch unheilvoller Eskalation, welche die Wiederherstellung des Nicht-Krieges verzoegert, wenn nicht gar verhindert. Dieser Denkansatz hat ganz erhebliche ethisch-politische Konsequenzen fuer den Soldaten, ..., aber auch fuer das Verhaeltnis zwischen Gesellschaft und Militaer. Auch darf nicht uebersehen werden, dass die neuen Funktionsanforderungen die Leistungsfaehigkeit der Streitkraefte von Mittel und Kleinstaaten ... uebersteigen. Das zwingt zu ihrer (d.i., der Streitkraefte) weitgehenden Integrierung in das Buendnis ... - spaetestens fuer den Ernstfall der Krisensteuerung. Die Folge ist, dass es (im militaerischen Bereich) Souveraenitaet im klassischen Sinne nicht mehr geben kann; das Festhalten an ihren Regeln belastet die internationale Kooperation auf allen Gebieten. //

Dieser Auszug aus der Abschiedsrede Graf Baudissins von 1986 erklaert nicht nur seinen Dauerkonflikt "mit der anderen Seite der Front" innerhalb der Bundeswehr, er erklaert auch die Titel "Soldat fuer den Frieden" und "Nie wieder Sieg !" fuer zwei wichtige Sammlungen von Aufsaetzen [7] , und er erklaert sein Kopfschuetteln ueber die Politik de Gaulles, der die NATO-Zentrale SHAPE aus Frankreich (nach Bruessel) verbannte und sich auf eine eigene "Force de Frappe" mit Atomwaffen stuetzen wollte. Fuer Baudissin war das unsinnig, weil Frankreich als Mittelmacht so oder so auf den "Atomschirm" der USA angewiesen blieb. Das Beispiel Frankreich bildete den Hintergrund fuer das, was er in seiner Rede anspricht.

Man erkennt aus der Rede, wieviel Umdenken von vielen "Altgedienten" gefordert wurde, und warum die Spannungen innerhalb der Bundeswehr noch jahrzehntelang angehalten haben. Dass Baudissin und seine Mitstreiter (von Kielmansegg, de Maiziere, ua.) sich am Ende durchsetzen konnten, verdankten sie wesentlich der im In- und Ausland nach dem Kriege verbreiteten Abneigung gegen jede Form von deutscher Wiederbewaffnung. Damit standen die Politiker - auch die der CDU - scheinbar vor der Wahl, entweder eine demokratische und buendnisfaehige oder garkeine Bundeswehr zu bekommen. Tatsaechlich war das Interesse der USA an einem raschen deutschen Wehrbeitrag nach Ausbruch des Korea-Krieges hinreichend grohss, um jedem Reichswehr-Offizier, der als Fachmann bewaehrt und nicht gerade schwer belastet war, eine Rueckkehr in die Bundeswehr zu ermoeglichen. Zwischen (nicht nur) Baudissins Wunsch nach einer modern gefuehrten und demokratisch legitimierten Bundeswehr und dem Druck der USA auf schnell vorzeigbare Ergebnisse entstand also ein Dilemma.

Konservative Militaers haben Baudissin oft vorgeworfen, weltfremd zu sein,  "weil er nicht an der Ostfront gedient habe". Baudissin war tatsaechlich seit 1941 in englischer Gefangenschaft bei Sydney. Ausserdem habe er wegen fehlender Praxis keinen realistischen Begriff davon, in welchem Mahsse "der gemeine Soldat ein Sauhaufen" ist. In einer Studentenzeitung erschien er daher 1961 als "Graf Hautnichin". Damals waren zwar der "Staatsbürger in Uniform" und die "Innere Führung" schon allbekannte Schlagwoerter, aber die Widerstaende gegen das neue Konzept waren bei den kriegserfahrenen Altgedienten - ohne die auch die Bundeswehr ja nicht auskam - aus den oben angedeuteten Gruenden teilweise grohss.

Um zu verstehen, was Baudissin wollte, muss man ihn im Zusammenhang mit Immanuel Kant, Karl Freiherr vom Stein, und Carl von Clausewitz sehen. Kant ermutigte als Aufklaerer die Menschen zum Gebrauch des eigenen Verstandes gegen Vormuender aller Art ( "Was ist Aufklarung?", 1784). Stein forderte den fuer "seinen" Staat verantwortlich mitdenkenden Staatsbuerger anstelle des nur gehorsamen Untertans. Es passt dazu, dass Baudissin 1965 zusammmen mit seinen wichtigsten Mitstreitern, den Generalen Johann Adolf Graf von Kielmansegg und Ulrich de Maiziere der "Freiherr vom Stein Preis" verliehen wurde. Clausewitz unterstellte das Militaer absolut der Politik, so dass eine Armee als Staat im Staate abzulehnen war. Baudissin machte die preussische Armeefuehrung fuer die Machtuebernahme der Nazis mitverantwortlich, weil die Armee ueberwiegend a-politisch oder auch autoritaer anti-demokratisch gestimmt war und sich weitgehend ausserhalb des Staates der "Weimarer Republik" verstand. Nichts gegen den "Geist der Truppe", nur muss dieser aus dem Wunsch erwachsen, die Demokratie zu verteidigen, nie aber aus dem Wunsch, vermeintlich hoehere Werte der Armee gegen die "dummen Zivilisten" zu kultivieren. Das Militaer hat eine dienende Funktion und ist kein Tummelplatz fuer Leute, die mit dem zivilen Leben nicht klar kommen. Wie es Bundespraesident Gustav Heinemann ganz im Sinne von Baudissin formulierte : "Der Friede ist der Ernstfall !" Baudissin war daher bei Generalen wie Videla in Argentinien oder Pinochet in Chile und bei anderen "Caudillos" verhasst, deren Vorbild Francisco Franco war. Dagegen war in den USA das Prinzip des absoluten Vorranges der Zivilfuehrung immer anerkannt. Dass die USA eine Berufs- oder Kaderarmee haben, widerspricht dem nicht, denn der Treueid ("Treueid der USA", siehe auch die amerikanische Version "pledge of allegiance") verpflichtet alle Buerger der USA zum Wehrdienst, sofern sie dazu aufgefordert werden. Insofern gilt in den USA das Konzept vom Staatsbürger in Uniform seit dem Unabhaengigkeitskrieg von 1775. Besonders anschaulich ist dieses Konzept in der Verfassung der Schweiz verwirklicht, wo jeder Bürger seine Uniform und sein Gewehr im Schrank hat.

Die Formulierung "Clausewitz unterstellte das Militaer absolut der Politik" ist auslegungsbeduerftig, weil natuerlich weder Clausewitz noch Baudissin die Armee als Instrument in der Hand von Verbrechern oder Diktatoren sehen wollten. Diese herrschen aber auch nicht ueber "Staatsbuerger" im Verstaendnis von Clausewitz oder Baudissin oder den Vaetern der Verfassung der USA. Man muss also erst den Staatsbuerger und danach die Uniform sehen, damit das Bild stimmt. Die "dummen Zivilisten" koennen ja auch Politiker sein. Ich fuehre das hier nicht aus.

Um die Einbindung des Militaers in die Demokratie zu foerdern, wurde schon frueh (1956) ein "Wehrbeauftragter" als Vermittler zwischen dem zivilen Staat und der Armee eingeführt, der die Soldaten zur Verteidigung ihrer staatsbuergerlichen Rechte gegen eventuelle militaerische Schikanen ermutigen, der aber auch dem Bundestag ueber Fehlentwicklungen und Missstaende in der Bundeswehr berichten sollte. Den absoluten Vorrang der zivilen vor der militaerischen Fuehrung galt es zu verteidigen.

Baudissin war daher auch gegen eine reine Berufsarmee, weil diese wieder aus dem politischen Gemeinwesen aller Staatsbürger herausgelöst ist, also nicht zur Idee vom Staatsbürger in Uniform passt. Er hätte aber wohl akzeptiert, dass man heute Europa auch "am Hindukush" verteidigt, sofern das Parlament dies als Aufgabe sieht. Die Bindung an das zivile Parlament wäre dabei wichtig gewesen. Das war auch die Sicht der USA oder der Schweiz. Im gleichen Sinne hat er in einer "Doppelpunkt"-Sendung des ZDF 1991 den "Zweiten Golfkrieg" der alliierten Truppen unter General Schwarzkopf gegen die Besetzung Kuwaits durch Saddam Hussein verteidigt. Ob er den Irak-Krieg von 2003 verteidigt haette, ist fraglich. Seine Position waere wohl die von Colin Powell und George F. Kennan gewesen :  Dieser Krieg sei zu wenig legitimiert und zu wenig durchdacht. Aber er haette sich nicht leicht getan.  Auch er wusste aus der Erfahrung mit den Nazis, was eine Diktatur ist, die die besten Menschen eines Landes vertreibt oder umbringt oder korrumpiert. Er haette nach der vernuenftigsten Loesung gesucht, aber dazu gesagt : "Man kann nicht 'fuer das Gute' sein. So etwas gibt es nicht."  Eine Formel wie "Kein Blut fuer Oel !"  haette er als viel zu simpel abgelehnt.

Baudissin galt wegen seiner offenen Unterstuetzung fuer Willy Brandt 1969 als "links", was er aber nicht mehr war als etwa Helmut Schmidt, dessen Nachruestungsplaene 1982 er unterstuetzte (s. "NATO-Doppelbeschluss" ). Baudissin lehnte es ueberhaupt ab, als "links" eingeordnet zu werden. Dass er sich fuer die SPD einsetzte, hatte einen ganz einfachen Grund : Alle Buerger eines Staates sollten sich im Sinne des Freiherrn vom Stein fuer "ihren" Staat mitverantwortlich fuehlen, und es ging daher einfach nicht an, dass die Adenauer-CDU zusammen mit allen adligen und christlichen Konservativen sich einen politischen Alleinvertretungsanspruch anmahsste, wonach die "linke" Haelfte der Bevölkerung fuer politisch unmündig zu erklären war. Das ist jetzt zugespitzt formuliert, aber in der Aera Adenauer war es doch die vorherrschende Stimmung. Man traute sozusagen der SPD immer schon den "Kniefall von Warschau" und den "Ausverkauf der deutschen Ostgebiete" und eine "falsche Anbiederung an die DDR" zu. Daher auch die Wahlparolen der Adenauer-CDU  "Alle Wege fuehren nach Moskau"  und  "Keine Experimente !". Dem widerspricht nicht, dass es schon vor dem "Machtwechsel" von 1969 zur SPD-FDP (Brandt-Scheel) Koalition Unterstuetzung auch bei CDU und CSU fuer die Reform der Bundeswehr gab.

Ebenfalls zur Foerderung des demokratischen Geistes trat Baudissin 1966 demonstrativ der Gewerkschaft ÖTV bei, als einige Soldaten wegen ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gewerkschaft aus der Bundeswehr entlassen werden sollten. Das war nur folgerichtig : Wenn es mit der Rolle des Staatsbuergers in Zivil vereinbar ist, einer Gewerkschaft anzugehoeren, dann ist es (jedenfalls im Grundsatz) automatisch auch mit der Rolle eines Staatsbuergers in Uniform vereinbar (vgl. [7] "Soldat fuer den Frieden", S.314). Es gibt in der Bundeswehr nur wenige und genau festgelegte Ausnahmen von dieser Regel. Entsprechendes galt fuer die Mitgliedschaft eines Generals in der SPD, der er daher 1968 beitrat, um sie fuer einige unsichere Konservative wählbarer zu machen. Hier kam hinzu, dass er der SPD hoch anrechnete, sich dem "Ermächtigungsgesetz" Hitlers 1933 verweigert zu haben.

Man kann sich heute (2007), nach drei SPD-Regierungen (Willy Brandt 1969-74, Helmut Schmidt 1974-82, und Gerhard Schroeder 1998-2005)  kaum noch vorstellen, wie tief die Angst und der Hass gegen alles Linke bei vielen Konservativen bis in die 1970er Jahre noch verinnerlicht waren. [8]  Graf Baudissin hat - ebenso wie Graefin Doenhoff von der ZEIT - die Ost-Politik von Willy Brandt unterstuetzt, weil er sie fuer weiterfuehrend und realistisch, nicht weil er sie fuer "links" hielt. Fuer ihn waren die Gegner Brandts "ewig Gestrige". [9]  Ihm waren die deutschen Konservativen auf ihrem Weg in die moderne Welt oft zu langsam - und manche liess er das spueren. Er war daher bei vielen Konservativen nicht beliebt. Aber das heisst nicht, dass er "links" war.

In der Bundesrepublik wurde Graf Baudissin vor allem als der "Erfinder" des "Staatsbuegers in Uniform" wahrgenommen. Fuer ihn selbst war das nur eine wichtige Episode in den gut elf Jahren von der Tagung in Himmerod im Oktober 1950 bis zur Verabschiedung zur NATO (Paris-Fontainebleau) im November 1961.  Die restlichen 30 Jahre seines Lebens waren der internationalen Politik der Friedenssicherung gewidmet, erst bei der NATO in Paris und Mons, ab Oktober 1968 dann in Hamburg bis zum Abschied von der Universitaet im Sommer 1986, und danach noch privat. Man macht sich ein falsches Bild, wenn man Baudissin zu sehr mit der Bundeswehr identifiziert. Richtiger waere zu sagen :  Er wollte dazu beitragen, die Bundeswehr NATO-tauglich zu machen, und dazu mussten er und seine Mitstreiter die Bundeswehr auch mental modernisieren und sie auf Abstand zur Reichswehr bringen. Das war die uebergeordnete Idee. Daher war es vielleicht sogar ein Vorteil, dass Baudissin 'von aussen', aus englischer Gefangenschaft, und nicht aus dem Ostfeldzug kam, weil ihn das unabhaengiger von deutschen Empfindlichkeiten und Vergangenheiten machte, mit denen sich die Altgedienten so oft noch quaelten.

Mit der linken und studentischen Friedensbewegung der 1960er Jahre und danach hatte Baudissin garnichts im Sinne. Ueber Leute wie Franz Alt oder Luise Rinser schuettelte er nur den Kopf. Als "Friedensbewegter" wird niemand Leiter des NATO Defence College in Paris (seit 1966 in Rom) oder drei-Sterne-General im NATO-Hauptquartier SHAPE ( "Supreme Headquarters Allied Powers Europe", seit 1966 bei Brüssel, vorher bei Paris). Seinem eigenen Denkstil entsprachen vielmehr Henry Kissinger, Richard Nixon, Robert McNamara und Herman Kahn, die er kannte und (mit genauen Einschraenkungen) schaetzte. Die Militaers und Sicherheitsberater vergleichbaren Ranges, mit denen er in der UdSSR oder in China und Japan und auf den Treffen der Pugwash-Conference sprach, dachten ebenso. [10] Das waren Expertengespraeche, die zwar viel mit Rüstungskontrolle, aber nichts mit der Friedensbewegung zu tun hatten. Das ist kein Widerspruch, denn der Gedanke dahinter war, dass man einander ernst nehmen muss. "Frieden" ist eine verschwommene Vorstellung, aber Abruestung, "vertrauensbildende Maßnahmen" und Vertraege sind etwas Greifbares. Baudissin war daher auch kaum ueberrascht, als Michail Gorbatschow und Ronald Reagan auf Grund eines ähnlichen Denkstils bei den "SALT II" und "START I" -Verhandlungen gut zusammenarbeiteten. Da war die gleiche nuechterne Sachlichkeit am Werke, die Baudissin selbst schaetzte. [11] 

Dabei war Baudissin sehr kritisch gegen blohsse Technokraten. Es waren diese Technokraten auf beiden Seiten der Fronten des Kalten Krieges, die er fuerchtete. Seine Vermutung war, dass die Aufruestung der UdSSR, die dann Anlass fuer die Nachruestung im Westen wurde, mehr eine Folge von Gedankenlosigkeit als von boeser Absicht war. Da hatten irgendwelche Militaers in der UdSSR nur ein paar Raketen modernisieren wollen und dabei nicht bedacht, dass der Westen sich bedroht fuehlen musste. Das war eine aehnliche Situation wie in der "Kuba-Krise" von 1962. "Empathie", sich in den Gegner hineindenken und seine Befuerchtungen verstehen, darauf kam es an. Fuer diese Faehigkeit bewunderte Baudissin auch Nixon. Mangelndes Verstaendnis fuer die berechtigten Aengste der Gegenseite, daraus folgend ein unnoetiges Aufschaukeln der wechselseitigen Bedrohungspotentiale, und dumme Kraftmeierei des Wettruestens warf er manchen Generalen und Politikern auf beiden Seiten vor. Daher lehnte er auch die von Ronald Reagan eingeleitete "Strategic Defense Initiative" (SDI) als unnoetig ab. Wer sich unangreifbar macht, wird auch dadurch zu einer Bedrohung fuer den Gegner. Aus dem gleichen Grunde war er 1965 entsetzt ueber den Vorschlag eines deutschen Generals, die Grenze zur DDR mit Atomwaffen zu verminen. Was auf den ersten Blick in einem rein technischen Sinne plausibel scheint, naemlich das Eindringen von Panzerarmeen des Warschauer Paktes zu verhindern, kann eben auch der automatische Einstieg in einen Atomkrieg werden, wodurch die Politik ihrer Optionen beraubt wird. [12]  Baudissins Modell hiess demgegenueber "ko-operative Ruestungssteuerung" :   Statt sich gegenseitig als Kriegstreiber moralisch zu verurteilen und sich in eine Aufruestungsspirale zu treiben, sollten die Konfliktparteien gemeinsam nach der preiswertesten Loesung suchen, die fuer beide einen annehmbaren Kompromiss darstellt und die beiden Seiten noch ein ausreichendes Gefuehl von Sicherheit gibt. Mit "Friedensbewegtheit" haben solche Ueberlegungen nicht zu tun. [13]

Baudissin war als Experte fuer Friedensforschung auch im Beirat fuer das 1970 eingerichtete Starnberger Institut", in dem unter Leitung der Direktoren Carl-Friedrich von Weizsäcker und Juergen Habermas ueber die Form einer kuenftigen „friedensfaehigen Gesellschaft“ nachgedacht wurde. Mit C.F.von Weizsaecker war Baudissin schon vorher auch fachlich gut bekannt, weil dieser ein Mitunterzeichner des "Goettinger Manifest" von 1957 gegen Atomwaffen in deutscher Hand gewesen war.

Zeitweilig war Baudissin Mitherausgeber einer Zeitschrift fuer Gruppendynamik (Vgl. Gruppendynamik und Organisationsberatung - Zeitschrift für angewandte Sozialpsychologie). Das erklaerte sich aus dem Interesse fuer die Sozialpsychologie von Bomberbesatzungen und Fuehrungsstaeben ebenso wie fuer die von Spezialkommandos und Kompanien. Von diesem Sinn fuer das Technische und Praktische ist auch das Konzept des Staatsbuergers in Uniform deutlich bestimmt. Moderne Kampfgruppen sind auf die gute Zusammenarbeit hochspezialisierter Techniker angewiesen, die oft mehr Sachverstand haben als die Gruppenleiter. Statt nur zu kommandieren muss ein solcher koordinieren, ueberzeugen und führen können. Das war immer ein Hauptargument für die "Innere Führung" neben der Loyalitaet für den zivilen Staat.

Baudissin war zwar glaeubiger Lutheraner und als solcher mit dem gleichaltrigen lutherischen Militärbischof Hermann Kunst auch persönlich befreundet, aber das ist ein Nebenaspekt, in dem die lutherische Achtung fuer den Staat als einer Friedensordnung zum Ausdruck kommt. Mahssgeblich fuer Baudissins politisches Denken war das Luthertum nicht, und die Achtung anders Denkender verstand sich fuer ihn von selbst. Sein Trauspruch fuer die Ehe mit Dagmar Graefin zu Dohna drueckt aber einen wichtigen Grundgedanken seines Lebens aus : "Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit" (2.Kor.3,17). Luthers Sendbrief von "Von der Freiheit eines Christenmenschen" (1520) stand ihm vor Augen, aber auch die Bedeutung von Augustinus.

Die Aufkleber "links, friedensbewegt, lutherisch" passen alle nicht zu Baudissin. Statt derer sollte man bei Baudissin an Kant, Stein, und Clausewitz denken. Klarheit im Denken und Handeln war sein Stil. Menschen wie George F. Kennan, Marion Gräfin Dönhoff und Gerd Bucerius, Kurt Sontheimer und Helmuth Plessner (den er aus seinen Jahren als Brigadegeneral in Goettingen auch persoenlich kannte), Fritz Stern, Hannah Arendt und Manes Sperber, Richard und Carl-Friedrich von Weizsäcker, Helmut Schmidt, Carlo Schmid und Fritz Erler, dessen zu fruehen Tod er oft beklagte - solche Leute entsprachen seinem Denken, nicht linke oder lutherische Gestimmtheiten.

Eine konservative Grundhaltung widersprach bei Baudissins ebensowenig einer liberalen Aufgeschlossenheit fuer die Jugendrevolte der späten 1960er Jahre wie etwa bei Gräfin Dönhoff und der ZEIT. Baudissins empfanden diese Rebellion ebenso wie den "Machtwechsel" von Kiesinger zu Brandt 1969 als ein Zeichen politischer Normalisierung in der BRD. Nachdem Baudissins in New York das Musical "Hair" gesehen hatten, meinten sie gelassen ironisch "The Hair was too long." Aber Baudissin bestand auf der Einhaltung demokratischer Spielregeln. Linke Selbstgerechtigkeit war ebenso verwerflich wie rechte. Beides widersprach der wünschenswerten offenen demokratischen Streitkultur.

Baudissin war allgemein stark historisch-politisch interessiert, wurde aber durch seine Frau, die Bildhauerin, auch sehr vertraut mit der kuenstlerischen und literarischen Szene der Vor- und Nachkriegszeit, zumal in Frankreich. Kuenstler wie Georges Braque, Picasso, Max Ernst, oder Henri Matisse waren wichtig, und natuerlich viele moderne Bildhauer. Viel bedeutete beiden Baudissins die moderne Architektur in ihren herausragenden Werken, etwa von Mies van der Rohe, Le Corbusier, oder Frank Lloyd Wright. Dagegen hatte Musik fuer beide Baudissins weniger Bedeutung, wobei er besonders J.S.Bach schaetzte und Wagner nicht mochte. Auch hier also wieder der Vorrang von geistiger Klarheit vor dunkel wogendem Pathos.


Die Verbindung von politischer, sozial-kultureller und technischer Betrachtung ist fuer Militaers der obersten Ebenen zwingend. Dem werden weder die rein politischen "Friedensbewegten" noch die oft rein technisch denkenden Offiziere der mittleren Ebene gerecht. Das macht eine Verstaendigung zwischen beiden Seiten oft schwierig. Befragt, welchen Wahlspruch sie im Rueckblick auf sein Wappen setzen wuerde, meinte Graefin Baudissin nach dem Tode ihres Mannes, er sei ein "Brueckenbauer" gewesen. Er hat versucht, zwischen der zivilen und der militaerischen, zwischen der moralischen und der technischen Sicht zu vermitteln. Manche Kritiker meinten, Baudissin ueberfordere die Menschen, die lieber in ihrer jeweiligen Kirche bleiben, als das Gespraech zu suchen. Graf Baudissin war sich dieser Schwierigkeit bewusst. Nur muss man fuer den Fortschritt eben auch kaempfen.




Fuhssnoten :

[1] Es heisst gelegentlich, Baudissin sei der Sohn eines "Regierungspraesidenten" gewesen. Das klingt wie etwas viel Groehsseres. Tatsaechlich bezeichnen die Begriffe "Landrat" und "Regierungspraesident" in etwa dasselbe, naemlich den Praesidenten eines Regierungsbezirkes bzw. Landkreises. Solche Leute sind gleichzeitig wichtig und wenig bekannt. Wer von uns kennt den Namen des fuer ihn zustaendigen Regierungspraesidenten, der in der Macht-Hierarchie oberhalb der Buergermeister, aber unterhalb der Landesregierung steht ?  Die Bedeutung der Position seines Vaters bestaetigt Baudissin indirekt, wenn er in seiner Abschiedsrede sagt, er sei schon frueh "im elterlichen Haus mit Menschen des oeffentlichen Lebens, Kuenstlern, Gelehrten, und Mitgliedern der kaiserlichen Familie" zusammengetroffen. Vgl. Anmerkung [3], S.258. Uebrigens hat Baudissin auch eine lesenswerte Skizze seiner Kindheit geschrieben in dem von Rudolf Poertner herausgegebenen Buch "Mein Elternhaus" (ISBN-13: 978-3548601267).

[2] Trier gehoerte damals noch zur preussischen Rheinprovinz, die nach dem Untergang Preussens 1947 aufgeteilt wurde, wobei ein Teil zum neuen Bundesland "Rheinland-Pfalz", ein anderer zum neuen Bundesland "Nordrhein Westfalen" kam. Auch der Koelner Konrad Adenauer war ja Preusse und Mitglied im preussischen Landtag. Die Bonner Universitaet ist eine preussische Gruendung. Das ist hier erwaehnenswert, weil Baudissin sich immer auch als Preussen empfunden hat. Er ist also nicht etwa "von Trier nach Preussen verschlagen" worden. Nur darf man dabei nicht immer an Militaers denken. Auch Kant war Preusse und ein Bewunderer Friedrichs des Grohssen. Auch die Doenhoffs und die Dohnas waren (Ost-)Preussen. Die beiden Weltkriege haben die Ehre und das Bild Preussens leider sehr beschaedigt. Baudissin hat darunter gelitten, weil er sich dem "guten" Preussen zugehoerig fuehlte.

Preussen war ja einer der seltsamsten Staaten der Geschichte. Praktisch am 18.1.1701 "geboren", als der Herzog sich in Koenigsberg zum "Koenig in Preussen" kroente (daher das Datum der Kaiserproklamation am 18.1.1871 in Versailles, daher auch die vielen Buecher zum 300. Geburtstag am 18.1.2001  !), und Preussen verschwand "spurlos" durch Verwaltungsakt der Siegermaechte 1947. Dazwischen war es voruebergehend eine europaeische Grohssmacht "aus dem Nichts". Man koennte sagen, Preussens einziger Zweck sei gewesen, das (zweite) Deutsche Reich und damit ueberhaupt zum ersten Mal "Deutschland" moeglich zu machen. Deutschland als politische Einheit, vergleichbar mit Frankreich oder England, hatte es ja vor 1871 nie gegeben. Man hat also das Paradox, dass Deutschland weder von Bayern, noch von Sachsen, noch von Thueringen, noch von Wuerttemberg oder von Hannover oder Hessen aus, die alle 1871 schon alt waren und die immer noch existieren, sondern von einem "voruebergehenden" Staat "geschaffen" wurde, und zwar vielleicht gerade deshalb, weil die aelteren Staaten an einem Gesamtdeutschland nie interessiert sein konnten und sich nur widerwillig dem Diktat Preussens gefuegt haben.

Preussen war auch der vielleicht "reinste" Staat, den es je in Europa gegeben hat - es gibt bayrisches Brauchtum und bayrischen Katholizismus, aber es gibt kein preussisches Brauchtum und keine preussische Konfession. Das Koeln von Adenauer und das Koenigsberg von Kant gehoerten beide zu Preussen. Preussen lebte vom Pflichtgefuehl seiner Koenige und seiner Untertanen und war in diesem Sinne der Staat von Kant und Hegel. Daher konnte man Preussen auch den modernsten Staat Europas nennen. Vgl. u.a. Sebastian Haffner : Preußen ohne Legende  und Haffner, Sebastian / Venohr, Wolfgang :  Preussische Profile (Ullstein Taschenbuch) ISBN: 978-3-548-26586-5, und  Preussen. Geschichte eines Mythos,  hrsg. v. Julius H. Schoeps, ISBN : 978-3-89809-030-8. Vgl. neuestens das sehr gelobte "Preußen. Aufstieg und Niedergang 1600-1947"  (orig. "Iron Kingdom: The Rise and Downfall of Prussia, 1600-1947") von Christopher Clark, dt. bei DVA (Februar 2007), 896 Seiten, ISBN-13: 978-3421053923.


[3] Diese Rede ist abgedruckt in dem sehr persoenlichen, von Elfriede Knoke, einer langjaehrigen Freundin des Ehepaares Baudissin herausgegebenen Buch "... als waeren wir nie getrennt gewesen", Briefe 1941-1947 [ Bonn (Bouvier) 2001, ISBN 3-416-02987-9 ], auf S. 258 ff. Entgegen dem Titel ist das Buch weitaus mehr als eine weitere Sammlung von Liebesbriefen in Kriegszeiten. Als Graefin Baudissin die sehr persoenlichen Briefe entgegen ihrer Neigung doch zur Veroeffentlichung bestimmte, tat sie das mit der Begruendung "Ich will, dass man sieht, wes Geistes Kind wir waren !". Damit verteidigte sie jenes aufgeklaerte Ehrgefuehl der preussischen Fuehrungsschicht, das auf Rechte und Pflichten gegruendet war, und das fuer den pervertierten Ehrbegriff der Nazis nur Verachtung empfinden konnte.

Dass der Briefwechsel zwischen Baudissin und seiner spaeteren Frau auf Augenhoehe stattfand, versteht sich bei dem Hintergrund von selbst :  Ihr Vater, der Professor fuer Strafrecht Alexander Graf zu Dohna (1876-1944), war ein liberaler (Stresemann) Reichstags-Abgeordneter, der seine 5 Toechter im Geiste seiner eigenen Liberalitaet erzogen hatte. Die Adligen, unter denen Dagmar zu Dohna sich in Berlin bewegte, waren angehende hohe Beamte und Offiziere. Das war der Anspruch, den sie gewohnt war. Das Buch enthaelt, neben einer schoenen Einfuehrung der Herausgeberin in die Lebenslaeufe von Graf und Graefin Baudissin, einen guten Einblick in die Schwierigkeit zweier Menschen aus dieser liberalen preussischen Fuehrungsschicht, sich
nun im Rahmen des Moeglichen (Zensur!) ueber die Aufgabe nach dem Kriege zu verstaendigen. Wie sollte es nach der politischen und moralischen Katastrophe der Hitlerei weitergehen ?  Hier werden im Wechsel der Argumente die Wurzeln fuer Baudissins spaeteren Entwurf eines "Staatsbuergers in Uniform" erkennbar, hier bildeten und festigten sich die Anschauungen, die fuer Baudissins weitere Entschluesse leitend wurden. Immerhin waren Baudissins mit den meisten fuehrenden Verschwoerern des 20. Juli 1944 befreundet gewesen. Baudissins haben im Namen ihrer ermordeten Freunde fuer ein Deutschland gekaempft, in dem ein Hitler nie wieder moeglich sein sollte. Dafuer sollte das Buch ein Dokument sein.

Das Buch "Als waeren wir nie getrennt gewesen.." kann als Ergaenzung zu dem vorliegenden Aufsatz gelesen werden. Es endet im wesentlichen wie die Briefe 1947, deutet aber die spaetere Geschichte von Baudissins mit Bundeswehr und NATO und dem IFSH Institut in Hamburg an und enthaelt wichtiges ergaenzendes Material ueber die Briefe hinaus .

Man sollte sich dazu bewusst machen :  In Deutschland wird Baudissin fast ausschliesslich als "Vater des Staatsbuergers in Uniform" wahrgenommen. Aber von den 40 Jahren zwischen 1947 (Entlassung aus englischer Kriegsgefangenschaft) und 1986 (Abschiedsrede im IFSH) war Baudissin nur 12 Jahre (von 1950-1961) unmittelbar fuer den Aufbau der Bundeswehr taetig. Es folgten 7 Jahre (von 1962-1968) als General bei der NATO in Paris und Mons in hoher Verantwortung fuer strategische Planungen, und es folgten schliesslich die 18 Hamburger Jahre von 1969 bis 1986 als Gruendungsdirektor des IFSH mit Vorlesungen und Seminaren zur globalen Strategie der Friedenssicherung im Rahmen der NATO, mit zahlreichen informellen Kontakten und Reisen zu hohen Militaers und Politikberatern weltweit. Eine "globale" Sicht war schon dem Stabsoffizier bei Rommel 1941 vertraut, und beim Aufbau der Bundeswehr hatte das Ziel der "Buendnisfaehigkeit" deutscher Truppen innerhalb der NATO eine zentrale Bedeutung. Baudissin zu ausschliesslich mit der Idee des Staatsbuergers in Uniform zu verbinden wird ihm daher nicht gerecht. Er muss mindestens ebenso sehr als NATO-General und als Direktor des IFSH wahrgenommen werden.


[4] Speziell zum militaerischen Widerstand um Stauffenberg vgl. eine Biographie des persoenlichen Freundes von Baudissin : "Henning von Tresckow. Ein Preusse gegen Hitler", von Bodo Scheurig. Erstausgabe 1973. Dieses Buch ist es, das Baudissin selbst kannte und schaetzte. Vgl. aber bei amazon.de die kritischen Bemerkungen von Andreas Vierecke zur unveraenderten Neuauflage des Buches nach 30 Jahren, als ob es die Debatte ueber Verbrechen der Wehrmacht  nie gegeben haette. Vgl. dazu "Verbrechen der Wehrmacht. Bilanz einer Debatte" (2005), von Christian Hartmann, Johannes Hürter, Ulrike Jureit. Vgl. auch :  "Henning von Tresckow. Ich bin, der ich war. Texte und Dokumente." Hgg. Sigrid Grabner und Hendrik Röder. Baudissins haben zwar nicht das Buch (2001), wohl aber einige der Autoren gekannt und geschaetzt.

Die Szene mit Witzleben berichtet Baudissin in einem Interview, das er Anfang Mai 1991 Mainhardt Graf von Nayhauß gab. Dort sagt Baudissin : Ich bin [nach der Fritsch-Affäre] nochmal zu Witzleben gegangen mit Henning Tresckow und habe ihm gemeldet, daß ich jetzt nach dem Versagen der Generalität und auch von Fritsch, daß wir uns das alles gefallen ließen, daß ich nicht länger Soldat bleiben wollte. Worauf Witzleben mich sehr lieb und freundlich ansah und sagte, "Lieber Bau, sind Sie nicht mehr zum Widerstand bereit ?". Ich sagte, das bin ich. "Dann müssen Sie Soldat bleiben !"  Kurz vorher benennt Baudissin im Interview das Dilemma aller Widerstaendler :  "Das war ja damals das Schreckliche .., daß man auf der einen Seite als Generalstabsoffizier ...helfen mußte, daß der taktische Auftrag der Division erfüllt wurde ...und man auf der anderen Seite ...wußte, daß jeder taktische Sieg ein politischer Gewinn für Hitler war."  Spaeter im Interview sagt Baudissin, was man wissen konnte : "Der Widerstand kam eben auch aus der Nähe von Berlin und den Einblicken, die jeder von uns haben konnte in das Unrechtssystem. Das war bei mir noch, daß ich über meine Frau noch eine Reihe von Künstlern und Intellektuellen kennenlernte, die nun auch abgeschoben wurden. In Potsdam konnte man (sich), wenn man sich nicht große Mühe gab, keine Illusionen machen auch über das, was in den KZs passierte. Das erreichte einen, das erfuhren viele."  Das Nayhauss-Interview, das als Material fuer ein Buch von Nayhauss ueber das Potsdamer IR-9 diente ("Zwischen Gehorsam und Gewissen" 1994, ISBN-13: 978-3785707128), ist im Baudissin-Dokumentationszentrum (BDZ) in der Fuehrungsakademie der Bundeswehr in Hamburg unter dem Sigel <182005> archiviert.


[5] Vgl. :  Offiziere gegen Hitler, von Fabian von Schlabrendorff (1946), mehrere Neuausgaben.

Ferner :  Ulrich von Hassell : "Tagebuecher 1938-44". ISBN-10: 3442128242. Von Hassell war mit Graefin von Baudissin befreundet und man erfaehrt viel ueber ihr Berliner Umfeld in jenen Kriegs- und Hitler-Jahren.

Ergaenzend fuer die letzten Monate des Krieges und zur Stimmung im Untergang des Reiches :  Margret Boveri :  Tage des Ueberlebens. Berlin 1945. Ferner "Bis zur letzten Stunde. Hitlers Sekretärin erzählt ihr Leben." von Traudl Junge und Melissa Müller, List-Tb. (Oktober 2003), ISBN-13: 978-3548603544. Von Traudl Junge gab es kurz vor ihrem Tode im Februar 2002 (http://de.wikipedia.org/wiki/Traudl_Junge) ein wichtiges Fernseh-Interview, das auch auf DVD zu haben ist : http://www.amazon.de/Im-toten-Winkel-Hitlers-Sekret%C3%A4rin/dp/rentals/B00063IQZ2. Passend dazu der Film "Der Untergang (Hitlers)"
http://www.film.de/moviespecials.php/id/1486/ und http://www.stern.de/unterhaltung/film/530352.html und http://www.planet-interview.de/interviews/pi.php?interview=lara-alexandra-maria 

Ein schoenes und sehr persoenliches Buch der Witwe des hingerichteten Widerstaendlers vom 20.Juli 1944, Peter Graf Yorck von Wartenburg, ist Marion Yorck von Wartenburg : Die Stärke der Stille. Erinnerungen an ein Leben im Widerstand. Diederichs 2.A 1985, ISBN-10: 3424007870 (u. andere Ausgaben)   Vgl. dazu die schoene Skizze von Yorcks Persoenlichkeit, die Marion Graefin Doenhoff in ihrem auch sonst sehr lesenswerten Buch "Menschen, die wissen, worum es geht" (Hoffmann und Campe 1976, ISBN 3-455-01552-2) auf S.15 ff gibt. Dort schreibt sie auf S.24 : "(Fuer die beiden Widerstandskreise um Yorck und Moltke) waren etwa die gleichen Grundelemente entscheidend: Konservatismus, Sozialismus, Christentum."  Diese Mischung kann auch fuer Baudissin gelten. Aber "Sozialismus" ist hier eben nicht "links", vielmehr versteht er sich als ein Sinn fuer Verantwortlichkeit und soziale Gerechtigkeit in einer auf den Respekt vor der Menschenwuerde bedachten Gesellschaft. An gleicher Stelle (S.26) zitiert Graefin Doenhoff den dann ebenfalls ermordeten Mitverschwoerer vom 20.Juli 44, Generaloberst Beck mit einem Grundsatz, der ebensogut von Baudissin haette stammen koennen :  "Ihr soldatischer Gehorsam hat dort eine Grenze, wo Ihr Wissen, Ihr Gewissen, und Ihre Verantwortung Ihnen die Ausfuehrung eines Befehls verbieten."  Die Schwierigkeit liegt natuerlich in der Frage : "Verantwortung vor wem - vor Gott oder vor Hitler ?"  Aber diese Schwierigkeit ueberhaupt zu sehen und zu bedenken, sich ueber eine rein erfolgsorientierte Denkweise zu erheben, darauf kam es den Verschwoerern und Baudissin an. Man musste bereit sein, Verbrechen als Verbrechen zu erkennen statt sich wie Eichmann zum blohssen Befehlsempfaenger zu entmannen. Das war auch die Position der "Bekennenden Kirche" und ihrer "Barmer Erklaerungen".   Und es war der Inhalt von Baudissins Trauspruch : "Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit" (2.Kor.3,17).

Zum Widerstand gegen Hitler allgemein war immer ein Klassiker :  "Das Gewissen steht auf. 64 Lebensbilder aus dem deutschen Widerstand 1933-1945", herausgegeben von Karl D. Bracher, Willy Brandt, Annedore Leber. Erstmals 1954 im Mosaik-Verlag, jetzt in anderen Ausgaben. Das Buch stellt den Widerstand in seiner ganzen Breite dar, also auch den christlichen und sozialistischen, nicht nur den militaerischen Widerstand.

Vgl. Richard von Weizsaeckers beruehmte Rede am 8. Mai 1985, dem 40ten Jahrestag der deutschen Kapitulation, wo er als Bundespraesident den 8. Mai 1945 als "Tag der Befreiung vom menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft" herausstellte - und eben nicht (nur) als einen Tag der Niederlage. (Ein Link zum Wortlaut der Rede findet sich im Wiki-Artikel.)

Zur Reichswehr sagt Haffner in einem Buechlein mit Aufsaetzen (Sebastian Haffner zur Zeitgeschichte, Knaur TB 3785, 1982, S.101 : "Was war der 20. Juli ?")  im Rahmen einer starken Empfehlung fuer Kunrat von Hammerstein-Equord "Spaehtrupp" (1963) :  "Diese Klasse (des preussischen Militaeradels) war vielleicht die einzige, sicher die staerkste herrschaftsfaehige und staatsbildende Kraft, die Deutschland in der Neuzeit hervorgebracht hat. ... Ob man sie nun mag oder nicht, sie hatte, was eine herrschende Klasse braucht, und was weder der deutsche Hochadel, noch das deutsche Buergertum, noch, wie es scheint, die deutsche Arbeiterschaft hatten oder haben :  Geschlossenheit, Stil, Herrschaftswillen, Durchschlagskraft, Selbstsicherheit, Selbstdisziplin, Moral, Gewissen, Ueberzeugung, Staatsbewusstsein."  Aber, so fuegt er wenige Saetze weiter hinzu :  "Man braucht kein Marxist zu sein um zu sehen, dass ein moderner Industriestaat nicht von einer Klasse gefuehrt werden kann, deren wirtschaftliche Grundlage verschuldete Gueter sind. Eine herrschende Klasse, die zugleich schon fast ein Anachronismus ist - das kann nicht gut gehen."  Und resignierend : "Aber was, wenn keine andere da ist ?"

Zwischen Gehorsam und Gewissen, von Mainhardt Graf von Nayhauss (Lübbe 1994, ISBN-13: 978-3785707128), ist im Zusammenhang lesenswert, weil es einige Mitglieder des beruehmten Potsdamer Infanterie-Regiments 9 - wegen der vielen Adligen scherzhaft "IR Graf 9" genannt - zu Wort kommen laesst (u.a. den spaeteren Bundespraesidenten Richard von Weizsaecker). Auch Graf Baudissin war bei "Graf 9", hatte dort den Spitznamen "Graf 9 mit Ballonmuetze". Nur muss man auch das im Zusammenhang sehen :  In einem so konservativen Kreis adliger Offiziere galt schon die Verteidigung der Weimarer SPD  und ihres ersten Staatspraesidenten Friedrich Ebert  als "links". Baudissin war, wie gesagt, nicht "links", wohl aber "republikanisch aus Verantwortung".  Dies ist ein Argument, das auch Graf v Kielmansegg in einem Interview anfuehrt :  "Hitler war der Anfuehrer der staerksten Fraktion, also stand ihm auch nach der Verfassung das Amt des Reichskanzlers zu." Viele in der Reichswehr, die Hitler nicht mochten, haben das murrend aber loyal akzeptiert. Dazu wieder v.Kielmansegg in seinen Erinnerungen (Karl Feldmeyer und Georg Meyer: "Johann Adolf Graf von Kielmanssegg 1906-2006", Verlag Mittler 2007, ISBN 10: 3-8132-0876-1) : (S.4) "Es war nicht so, dass die Offiziere der Reichswehr unbedingt daran dachten, sie wollten ihren Kaiser Wilhelm wiederhaben, aber die Grundhaltung war doch in diese Richtung. Sie waren niemals illoyal gegenueber der Republik. Sie liebten sie zwar nicht, aber sie standen zu ihr. Entscheidend war das, was der Chef der Heeresleitung, der General von Seeckt, vorgab :  "Ihr seid da fuer diesen Staat, auch wenn er jetzt demokratisch-republikanisch regiert wird."  Baudissin hat Seeckt etwas anders gehoert. In seiner Abschiedsrede [3] zitiert er Seeckt mit den Worten : "Das Heer dient dem Staat, und nur dem Staat; denn es ist der Staat."  In der gleichen Rede sagt Baudissin (aaO, S.261) : "Durch die Naehe zur Zentrale Berlin und einen breitgefaecherten Bekanntenkreis, zu dem auch juedische Mitbuerger gehoerten, wurden wir (Offiziere) frueh und direkt mit den bedenkenlosen Rechtsbruechen (des neuen Regimes) konfrontiert, die an Zahl und Niedertracht von Woche zu Woche zunahmen." Trotz derartiger Nuancen dachten aber Graf von Baudissin, Graf von Kielmansegg und Ulrich de Maiziere im Wesentlichen sehr aehnlich, auch wegen ihres aehnlichen Hintergrundes im preussischen Beamtenadel. Die gleichzeitige Verleihung des Freiherr vom Stein Preises an alle drei Offiziere 1964 bringt dies zutreffend zum Ausdruck. So wurde auch das Konzept vom "Staatsbuerger in Uniform" von Anfang an durchgaengig von allen drei Generalen gemeinsam getragen, auch wenn es meistens mit dem Namen von Baudissins verbunden wird, weil dieser hauptverantwortlich fuer die Ausarbeitung und Darstellung des Konzeptes war. Zur Umsetzung siehe unten den Nachtrag.

Hitlers Genie zeigte sich darin, dass er bei der Kanzlerwahl und beim Ermaechtigungsgesetz "im Rahmen der Verfassung" blieb. Erst danach brach der Wolf aus dem Schafspelz hervor - wobei der Wolf auch noch hoehnen konnte : "Ich hab's euch doch allen schon vorher gesagt, was ich vorhabe !"  Nur geglaubt hat ihm das (fast) niemand. Man hielt Hitlers Putschversuch 1923 in Muenchen und sein Buch "Mein Kampf" einfach fuer die Torheiten eines weltkriegsgeschaedigten Idealisten. Solche gab es damals viele. Graf von Kielmansegg erinnert sich in dem oben genannten Buch (S.5) "Hitler sei zunaechst in ein Kabinett eingebunden gewesen, in dem nicht die NSDAP, sondern ihre Koalitionspartner, Zentrum und Deutsch-Nationale Volkspartei (DNVP), die Mehrheit besessen haben. Wichtig sei gewesen, dass der Reichspraesident von Hindenburg Hitler ernannt habe, und dass er ihn auch jederzeit haette absetzen koennen. Den "Tag von Potsdam" habe er (Kielmansegg) als Beginn einer nationalen Befreiung empfunden und begruehsst." Weiter unten :  "Ausgesprochen ablehnend standen er (K.) und viele seiner Kameraden alsbald der SA gegenueber. 'Von denen muss er (=Hitler) sich halt trennen!' sei bald eine verbreitete Ansicht geworden. "Als Soldat hatte man gegenueber der SA schon eine beinahe feindliche Einstellung, zumindest aber eine ablehnende. Nicht so gegenueber Hitler, das muss ich (K.) immer wieder betonen. Man sagte 'Mein Gott nochmal - dieser Mann und diese Leute !' "  Das erklaert, warum die Reichswehr keine starke Reaktion sondern eher Erleichterung zeigte, als Hitler die SA 1934 ausschaltete, wobei Hitler sich sogar bei der Reichswehr fuer ihr Stillehalten bedankte. Dazu wieder von Kielmansegg aaO, S.7 : "Der Satz 'die Revolution frisst ihre Kinder' gibt die Einstellung wieder, die damals bei mir wie bei vielen gebildeten Menschen dieser Zeit eine Rolle gespielt hat."  Probleme hatte von Kielmansegg erst, als Hitler zugleich mit der Wiedereinfuehrung der Wehrpflicht am 16. Maerz 1935 den unbedingten Soldateneid auf seine Person als Fuehrer (statt auf die Weimarer Verfassung) forderte. Da begann man zu ahnen, auf wen man sich eingelassen hatte - und dass es nun wohl kein Zurueck mehr gab.


Zur riesigen Literatur zum Dritten Reich nur wenige Hinweise :

Als Einfuehrung besonders geeignet ist  Hans-Ulrich Thamer :   Verführung und Gewalt. Dies ist ein Band aus "Siedlers Deutsche Geschichte", von deren letzten 5 Baenden (fuer die Zeit von 1866-1990) es eine preiswerte  Sonderausgabe gibt (ISBN-10: 3809417645).

In der unmittelbaren Nachkriegszeit war wichtig :  Eugen Kogon : Der SS-Staat. 1946. Es gibt immer noch mehrere Ausgaben, ua. ISBN-13: 978-3453029781. Hannah Arendt bemaengelte einige Unrichtigkeiten.

Neuerdings gibt es mehrere ausfuehrliche Studien von Englaendern ueber die Nazi-Aera. Vgl. besonders die Einfuehrung zum Gesamtkomplex :  Der NS-Staat. Geschichtsinterpretationen und Kontroversen im Überblick (ISBN-10: 3499607964) von Ian Kershaw .


Die Buecher von Sebastian Haffner : "Anmerkungen zu Hitler" und "Von Bismarck zu Hitler", sind Klassiker.

Sebastian Haffner (wie Baudissin 1907 geboren), ein unbedingter Gegner der Nazis von Anfang an, hat bestaetigt, dass das allgemeine Gefuehl nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler ein Gefuehl der Erleichterung war :  "Wenigstens nicht (der Kommunist) Thaelmann !" (der in den Wahlen vom 6.11.1932 die drittstaerkste Fraktion hinter NSDAP und SPD fuehrte) und : "Endlich ein Ende der Strahssenkaempfe von Kommunisten und Nazis !" und : "Endlich ein Ende mit staendig wechselnden Koalitionsregierungen !"  (24 in 14 Jahren). Ein paar Zahlen (aus Thamer, aaO, S. 212/213 :  In der Reichstagswahl vom 6.11.1932 bekam die NSDAP 196 Mandate, das ueberwiegend katholische Zentrum 90, die SPD 121, und die KPD 100, so dass "die Linken" zusammen 221 Mandate hatten. Im Prinzip haetten sie damals eine "Sozialistische Einheitspartei gegen Hitler" bilden koennen, aber viele in der SPD und auch in der KPD waren strikte dagegen. Aus heutiger Sicht und nach dem Untergang der DDR mit ihrer von Stalin erzwungenen SED sicher mit Recht. Aber damals haben viele Waehler eine solche Entwicklung befuerchtet, und auch deshalb die Nazis bei der naechsten (und letzten freien) Wahl als das vermeintlich kleinere Uebel gewaehlt. Die Zahlen bei dieser Reichstagswahl vom 5.3.1933 sind :  NSDAP 288, Zentrum 92, SPD 120, KPD 81, d.h., die Nazis allein hatten fast die Haelfte aller Mandate. Zwei Wochen spaeter, am 21.3., dem Jahrestag der Reichsgruendung 1871, inszenierte Goebbels den "Tag von Potsdam", um Hitler in den historischen Zusammenhang mit den preussischen Koenigen, die ja in Potsdam residiert hatten, zu stellen. Hitler mit Cut und Zylinder sollte staatsmaennisch-serioes erscheinen. Das Foto, auf dem er sich vor dem alten Hindenburg verbeugt, war dann allgegenwaertig.


Zur immer wieder aufgeworfenen Frage "warum Hitler nicht verhindert wurde" vgl. das Buch : "Warum habt ihr Hitler nicht verhindert?", herausgegeben von Guido Knopp und Bernd Wiegmann (Fischer TB 3476, 1983 = 50ter Jahrestag des Ermaechtigungsgesetzes von 1933).  Die Antwort quer ueber alle Parteien - auch Baudissin kommt zu Wort - ist einfach :  Die meisten Waehler haetten nicht verstanden, warum man Hitler haette verhindern sollen. Hitler war beliebt oder wurde als kleineres Uebel gegenueber den Kommunisten gewaehlt und als Befreier von den unfaehigen Politikern der Weimarer Republik. Hitler stand damals - 1932/33 - noch nicht fuer Weltkrieg oder Holocaust. Er war anti-semitisch und anti-demokratisch, aber beides waren verbreitete Einstellungen, kaum Hinderungsgruende. Man sah in ihm einen Idealisten und Saubermann, der fuer Deutschlands Ehre kaempfte. Viele nahmen Hitler auch nicht ernst und waren sich Anfang 1933 sicher, dass er uebers Jahr vergessen und kein Thema mehr sein werde (Vgl. Thamer, aaO, S.9 ff : "Fehleinschaetzungen").

Absurderweise kam hinzu, dass Stalin den Kommunisten geraten hatte, Hitler zu waehlen, weil er die SPD als die groehssere Gefahr fuer "seinen" Kommunismus ansah :  Die SPD erschien als die bessere Arbeiterpartei, das machte sie fuer die Stalinisten gefaehrlich, waehrend man mit Hitler hoffen konnte, dass "das kapitalistische System" sich selbst zerstoeren und so die Massen in den Kommunismus treiben wuerde. Daran, dass der Kapitalismus "an seinen inneren Widerspruechen zugrunde gehen" werde, haben viele Stalinisten noch nach 1980 geglaubt, bevor der Stalinismus dann selbst an seinen inneren Widerspruechen zugrunde ging.

Es wird auch oft vergessen, dass die Nazi-Partei sich selbst als Arbeiter-Partei verstand :  DAP steht fuer "Deutsche Arbeiter Partei". Hitler setzte noch "National-sozialistische-" davor - zur Unterscheidung von der Sozialistischen Internationale. Hitler tat auch viel fuer die Arbeiter, indem er ihnen wieder Arbeit gab, und besonders auch durch sein "KdF" (Kraft durch Freude) Programm mit Urlaubsreisen usw.. 1936 stellte sich Deutschland in der Olympiade der ganzen Welt als modern, erfolgreich und friedlich dar. Erst Ende 1938 kippte die Beurteilung - bei vielen Deutschen durch die "Reichkristallnacht" am 9.November, in der angeblich "das Volk", in Wirklichkeit Spezialtrupps der Nazis um 4 Uhr frueh die Schaufenster juedischer Geschaefte verwuesteten und viele Synagogen in Brand steckten. Dass die "Reichskristallnacht" nicht Ausdruck des spontanen Volkswillens, sondern inszeniert war, wusste man. Und der Vorgang betraf - anders als die Roehm-Affaere 1934 - die ganze Bevoelkerung, nicht nur die Partei. Damit wurde die Nazi-Herrschaft endgueltig zur Gewissensfrage, der man nicht mehr ausweichen durfte. Im Ausland hat wohl noch mehr die Annexion des Sudetenlandes am 1.Oktober fuer Unruhe gesorgt. Dazu sagt aber von Kielmansegg (aaO, S.7/8), dass die Besetzung des Sudetenlandes wie auch die Oesterreichs in Deutschland ueberwiegend nicht als Unrecht empfunden wurden, weil eine grohsse Mehrheit der Sudetendeutschen und der Oesterreicher fuer den 'Anschluss' gestimmt hatte. Erst die Besetzung Prags und die 'Zerschlagung der Rest-Tschechei' ein Jahr spaeter 1939 war dann eindeutig Unrecht und Gewalt.  Es steht zu vermuten :  Waere Hitler im Sommer 1938 ermordet worden, dann wuerde er heute wohl als die grohsse gescheiterte Hoffnung der Deutschen in den Geschichtsbuechern dargestellt und nicht als ihre grohsse Schande.

Zum Verstaendnis der deutschen Hintergruende :

Ein dickes "Bilderbuch" ist :  Deutschland 1870 bis heute (1970). Bilder und Dokumente, Hg. von Christian Zentner, ISBN-10: 351700006X.  Ein anderes "dickes Bilderbuch" ist die "Chronik des 20. Jahrhunderts" herausgegeben von
Brigitte Beier, Frank-Lothar Hinz, Christoph Hünermann, ISBN-10: 3860471309.

Gordon Craig :  Ueber die Deutschen 1866-1945. Craig sagt mit Recht, dass auch die wohlmeinende Linke um  Ossietzky und Tucholsky viel zum Aufstieg Hitlers beigetragen hat, weil sie mit ihren linken Idealen nur die Aengste des Buergers vor dem Chaos verstaerkte. Hitler stand 1932/33 fuer Ordnung und Sicherheit. Sogar, dass er 1934 die SA ausgeschaltet hat, entsprach ja dieser Vorstellung. 

Klaus Vondung : Die Apokalypse in Deutschland. ISBN-10: 3423044888

Fritz Stern : Verspielte Grösse. Essays zur deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. ISBN-10: 340642046X, und vom selben Autor : Kulturpessimismus als politische Gefahr. Eine Analyse nationaler Ideologie in Deutschland. ISBN-10: 3608941363. Ferner : "Der Traum vom Frieden und die Versuchung der Macht", ISBN 10-3-442-12808-0. Dort schreibt Stern auf S.21 : "Ich bezweifle, dass irgend jemand 1933 die Ausrottung der Juden hat voraussehen koennen. Man haette den absoluten Charakter der moerderischen Instinkte Hitlers durchschauen und ein Zusammentreffen von Umstaenden sich vorstellen muessen, das einen an seinem Verstand haette zweifeln lassen." Und eine Seite vorher :  "(Die Juden) konnten nicht glauben, dass Hitler meinte, was er schrieb...; schliesslich war der Hass pathologisch, bar jeder Vernunft."

Sehr wichtig ist : Kurt Sontheimer :  Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik. ISBN-10: 3423043121

Zu "Weimar" allgemein :  Walter Laqueur : Weimar. Die Kultur der Republik. Ullstein TB 3383, 1977 (orig. engl. 1974)

Welche der genannten Buecher Graf Baudissin kannte, ist mir im einzelnen nicht klar. Er las aber viel, er kannte sicher das Meiste wenigstens teilweise.


[6]   Dagmar zu Dohna hat Gerhard Marcks gerne als ihren Lehrer bezeichnet, weil sie ihn als Kuenstler bewunderte und er sie beriet. Sie gilt aber nicht als "Schuelerin". Ein von ihr gestalteter Kopf ist in der Hamburger Kunsthalle, aber die meisten Portraetkoepfe und Akte sind in Privatbesitz, ebenso die zahlreichen Vasen und Kuebel, die sie nach dem Kriege schuf. Leider gibt es anscheinend kein Werkverzeichnis mit Abbildungen.  Leser dieses werden hiermit gebeten, ihnen bekannte Werke von Dagmar Graefin zu Dohna (Graefin von Baudissin) an den Autor mitzuteilen, so dass ein solches Verzeichnis wenigstens in Ansaetzen geschaffen werden kann. Ihre kuenstlerische Begabung widmete sie dann, weil sie zu methodischer Bildhauerei nicht mehr kam, der Gestaltung ihres Gartens, der sich immer mehr in Richtung eines japanischen Gartens entwickelte, also zunehmend mehr "graphisch" und weniger "blumig" wurde. Auch darin hat sie sehr Schoenes erreicht.


[7]   Vgl. "Soldat fuer den Frieden", Hg. Peter von Schubert (Piper 1969) und "Nie wieder Sieg. Programmatische Schriften 1951-1981", Hgg. Wolf Graf von Baudissin, Cornelia Bührle, und Claus von Rosen (Piper 1984). In diesen gut edierten Baenden hat man alle wichtigen Argumente zu Baudissins Programm beisammen. Die von C. Bührle erstellte Bibliographie der Schriften Graf Baudissins gilt als die Standardbibliographie.

Zur aktuellen Problematik des Soldatenbildes vgl. u.a. "Gedanken zum Berufsbild des Offiziers der Bundeswehr von heute", von Generalmajor a. D. Christian Millotat. http://www.swg-hamburg.de/Deutschland_Journal/Christian_Millotat_Gedanken_zum_Berufsbild_des_Offiziers_d_.pdf


[8] Es ging dabei nicht mehr um Angst vor Enteignungen, sondern man hatte den Terror, die Unfreiheit, und die Unfaehigkeit des Stalinismus in Ostdeutschland (DDR) und Osteuropa vor Augen und sah darin auch den Beweis der Verantwortungslosigkeit und Dummheit des Volkes und seiner Verfuehrer. Fuer viele Konservative war auch der "Kniefall von Warschau" nicht eine ehrliche Anerkennung deutscher Schuld, sondern Ausdruck der gleichen Kriecherei vor dem "russischen Baeren" wie schon der im "Warschauer Vertrag" am selben Tage (7.12.1970) zugestandene Verzicht auf die ehemaligen deutschen Ostgebiete. Die "Studentenrevolte" der 1960er Jahre und zumal die "Deutsche Friedensunion" (DFU)  galten vielen Konservativen als von Moskau ueber Berlin-Ost gesteuert. Die Vermutung, dies alles koenne doch auch aus ehrlicher Ueberzeugung stammen, taten sie als "naiv" ab. Ich habe das selbst so im Ohr aus dem Munde eines ansonsten sehr netten und kultivierten (adligen) Obersten der Bundeswehr a.D. im Jahre 1982, also zur Zeit der SPD-Regierung von Helmut Schmidt. Dieser Oberst a.D. lehnte auch die Unterscheidung zwischen SPD und Kommunisten als irrefuehrend ab. Fuer ihn waren das alles nur "Sozis" oder "die Roten".  Baudissin wusste sehr wohl, gegen welche Leute er sich da zu wehren hatte. Deshalb ist auch das Argument, Graf Baudissin habe sich durch seinen Beitritt zur ÖTV und zur SPD das Wohlwollen vieler Konservativer verscherzt, in der Sache zutreffend, uebersieht aber den entscheidenden Punkt :  Baudissin wollte ein modernes Deutschland, kein "gestriges". Heute versteht man nicht mehr, welche Kaempfe das noch in den 1970er Jahren gekostet hat, als mit der Wahl Willy Brandts fuer viele Konservative  "die Welt unterging".  Helmut Schmidt schreibt in seinen Erinnerungen an "Weggefaehrten" (btb Verlag Oktober 1998,
ISBN-13: 978-3442755158) auf S. 474 ff ueber seine Erfahrungen als Verteidigungsminister (1969-72) unter Willy Brandt : "Sie (d.i., konservative Generale der Bundeswehr) halten sich fuer inzwischen gelernte Demokraten (und sind als solche bestimmt nicht schlechter als viele andere Konservative), haben aber das Ertragen oeffentlicher Kritik immer noch nicht gelernt." Zwei Seiten weiter schreibt Schmidt :  "In meinem 'Blankeneser Erlass' wurden die drei Teilstreitkraefte Heer, Luftwaffe und Marine ausdruecklich nicht dem Generalinspekteur, sondern dem Minister unterstellt. Damit sollte die Moeglichkeit ausgeschlossen werden, dass jemals (wieder) ein Soldat eine aehnlich umfassende Kommandobefugnis erhielt wie der General von Seeckt in der Reichswehr."


[9] Man mache sich klar :  Graf Baudissin war 6 Jahre (von 1941-1947) bei Sydney in englischer Gefangenschaft gewesen, sah daher die Welt auch aus englisch-amerikanischer Perspektive, nicht nur aus deutscher. Als Stabsoffizier bei
Rommel in Lybien wusste er, dass es dort nicht nur darum ging, den Italienern zu helfen und damit die Suedflanke zu sichern, sondern auch darum, ueber Aegypten und Irak in den Iran vorzustohssen und sich dort mit den von Norden kommenden Truppen Mansteins zu vereinigen. Es ging schon damals um das Oel fuer die Industrien Deutschlands. Baudissin hatte von Sydney aus auch den Krieg im Pazifik zwischen Japan und den USA verfolgt. Als er schliesslich 1968 der SPD beitrat, um Willy Brandt zu unterstuetzen, hatte er wiederum 6 Jahre (von Ende 1961 bis Ende 1967) in hohen Positionen der NATO in Paris und Mons hinter sich. Er sprach bei der NATO fast nur englisch und franzoesisch, seine Kontakte waren weltweit und international auf hoher militaerischer Ebene. Auch das musste seinen Blick fuer weltpolitische Zusammenhaenge weiten. Deshalb waren ihm viele konservative Bedenken in Deutschland schlicht zu provinziell.


[10]   Vgl. die Reden aus Anlass der Verleihung des Friedens-Nobelpreises fuer 1995 an die Pugwash-Conference



[11]   Hier ein Beispiel fuer den technischen Charakter von "friedenssichernden Mahssnahmen" - und zwar schon vor ueber 30 Jahren, umso mehr heute. Das Beispiel ist entnommen dem Protokoll der "Bergedorfer Gespraeche" #55 :

Eingabe 
http://www.koerber-stiftung.de/bg/recherche/de/suche.php,  dort Suche nach "Baudissin" im Feld "von Teilnehmer", mit Ergebnis (u.a.) :

55. TAGUNG DES BERGEDORFER GESPRÄCHSKREISES

Entspannungspolitik nach Helsinki - eine Zwischenbilanz

Beitrag Nr. 15 (Wolf Graf von Baudissin), 24, Hamburg, 27.11.1976

// ...  Herr Arbatow und andere Teilnehmer haben von einer großen Weltabrüstungskonferenz gesprochen. Wir wissen alle, daß Abrüstung im Grunde genommen nur weltweit, nur total sein kann ... Wir wissen aber ebenso, daß es sinnlos ist, über Abrüstung auch nur nachzudenken, bevor wir nicht ein Weltordnungsmodell gefunden haben, in dem die Vertragstreuen vor den Vertragsbrüchigen geschützt werden; in dem sich die nach wie vor kleinen Staaten vor den weiterhin Mächtigen trotz aller Konflikte sicher fühlen. Bloße Abrüstung löst nicht ein einziges der bestehenden gesellschaftlichen und zwischenstaatlichen Probleme.

Wir haben in den fünfziger Jahren erlebt, daß derartige Abrüstungskonferenzen letztlich nur negative Folgen für das internationale Klima hatten. Sie wurden von beiden Seiten lediglich zu dem Zweck benutzt, den anderen durch unannehmbare Vorschläge als Friedensstörer zu entlarven. Mit solchen Konferenzen schaffen wir entweder Resignation oder Euphorie in den beteiligten Gesellschaften - beides ist dem Entspannungsprozeß mehr als abträglich.

Wenn es uns ernst ist mit dem Wunsch, die Rüstungssteuerung zu intensivieren, dann reichen Verhandlungen allein nicht mehr aus. Die technologische Innovation hat ein Tempo und Ausmaß angenommen, daß Abmachungen unpräzise und interpretationsbedürftig werden oder bei Inkrafttreten bereits überholt sind. Wir müssen jedenfalls gemeinsam überlegen lernen, welche Rüstungsschritte destabilisieren und welche stabilisieren. Andernfalls wird sich die Rüstungsdynamik niemals politisch steuern lassen. Voraussetzung dafür ist aber in jedem Fall Ausgewogenheit - sprich: Nicht-Überlegenheit.  //



[12]   Von Kielmansegg gibt (aaO, S.64 ff sowie das Interview)  eine technische Begruendung dafuer, warum dieser Plan verworfen wurde :   Die Freigabe von Atomwaffen war dem US-Praesidenten vorbehalten, und Planspiele ergaben, dass bis zur Freigabe mindestens 6-7 Stunden vergangen waeren. Bis dahin waeren die Panzer des Warschauer Paktes eventuell schon am Rhein gewesen. Das war auch ein Grund, warum einige Generale die Verfuegung ueber Atomwaffen in deutscher Hand haben wollten, eine Option, die nicht nur Baudissin grundsaetzlich ablehnte. Es gab ja bis zum Ende des "Kalten Krieges" 1990 immer die in Deutschland stationierten US-Truppen mit ihren Atomwaffen, das musste als Abschreckung genuegen. Baudissins Prinzip hiess :  "Atomwaffen sind Nicht-waffen", d.h., sie sind nicht dazu da, eingesetzt zu werden, sondern die Schwelle eines jeden denkbaren Krieges "unendlich hoch" zu legen. Dies war uebrigens auch die Sicht des "Vaters der Wasserstoffbombe", Edward Teller. Er sagte (sinngemaehss) :  "Die Menschen sind zu dumm, um Frieden zu schliessen. Man muss daher eine Waffe bauen, die so verheerend ist, dass niemand sie auch nur zu beruehren wagt."  Man vergleiche zum Thema "nukleare Gefechtsfeldwaffen" auch, was General Ulrich de Maizière in seinen Erinnerungen ("In der Pflicht") auf S. 275 ff. schreibt.

Tatsaechlich hatten sowohl die NATO wie der Warschauer Pakt ausgearbeitete Konzepte fuer einen Atomkrieg in der Schublade. Staebe versuchen immer, auf alle Moeglichkeiten vorbereitet zu sein. Das wird von ihnen erwartet. Herman Kahn hatte schon 1959 in seinem Buch "On Thermonuclear War" die Fuehrbarkeit von Atomkriegen untersucht, und Baudissin kannte Kahn persoenlich. Man wusste, dass auch die Russen und Chinesen die Moeglichkeit eines Atomkrieges gegeneinander kuehl in Betracht zogen, wie auch ebenso spaeter die Inder und Pakistani. Die Sorge aller Experten war immer, dass ein Atomkrieg zwar mit "nur taktischen" Gefechtsfeld-Waffen (Atomminen und -granaten) beginnt, dann aber doch sehr schnell eskaliert. Dokumente aus den 1960er Jahren beweisen, dass derartige Szenarios wirklich durchgespielt wurden. Vgl. http://www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/PHP.html.

Vgl. auch die Filme "War Games"  http://imdb.com/title/tt0086567/, "The Day After"  http://www.new-video.de/film-the-day-after/ + http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Tag_danach, und "Threads"  http://de.wikipedia.org/wiki/Threads, sowie allgemein http://de.wikipedia.org/wiki/Nuklearer_Holocaust sowie  http://skeptically.org/onwars/id7.html und http://www.wcurrlin.de/links/basiswissen/basiswissen_kalter_krieg.htm  und http://www.kssursee.ch/schuelerweb/kalter-krieg/ende/abruestung.htm  und  http://www.rheinhit.de/bunkerland/id8.htm und  http://de.wikipedia.org/wiki/Dritter_Weltkrieg  mit  http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Dritte_Weltkrieg.

In dem postum erschienenen Buch  "Nachdenken über den Atomkrieg. Konflikt-Szenarios mit simulierten Situationen im Dienst der Friedensstrategie." Bern + München 1984 (Scherz) ISBN 3-502-16361-8 (Orig.: "Thinking about the unthinkable in the 1980s", ISBN-13: 978-0671604493), erklaert Herman Kahn (1922-83) gleich einleitend, warum die meisten Vorschlaege von Friedensfreunden ungelesen in den Papierkorb wandern. Nicht etwa, weil Politiker und Generale kriegsluestern waeren, was ihnen Friedensbewegte gerne unterstellen, sondern weil sie Entscheidungstraeger sind, die entscheidbare Optionen brauchen und keine vagen Prinzipien. "Fuer den Frieden" ist (fast) jeder, darum geht es nicht. Die entscheidbaren Fragen sind immer vom Typ "Sollen wir nun diese speziellen Raketen hier und jetzt aufstellen, oder sollen wir das nicht ?"  Das ist eine entscheidbare Frage, auf die sich nach Anhoerung von allem fuer und wider mit Ja oder Nein antworten laesst. Und genau diesen Charakter der Entscheidbarkeit haben die wenigsten Forderungen von Friedensaktivisten. Es verhaelt sich damit aehnlich wie mit der bekannten Forderung, "soziale Gerechtigkeit" ins Grundgesetz zu schreiben.



[13] Zur Friedensforschung, so wie Graf Baudissin sie verstand und betrieb, vgl. die umfassende "fachliche" Festschrift "Im Dienst fuer Frieden und Sicherheit" [Baden-Baden (Nomos) 1985, ISBN 3-7890-1046-4], herausgegeben von Dieter S. Lutz (damals stellvertretender wissenschaftlicher Direktor von "Baudissins" Hamburger Institut IFSH) anlaesslich der Verabschiedung von Graf Baudissin als Institutsdirektor 1984.


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[14]   Nachtrag = ergaenzende Anmerkungen am 10. Februar 2008

Keine der in den obigen Text eingearbeiteten oder der unten genannten neuen Informationen hat zu deutlichen Aenderungen an der bisherigen Darstellung Ursache gegeben. Sie bestaetigen, praezisieren und beleuchten den einen oder anderen Punkt, mehr nicht. Wuerde also der bisherige Text so stehen bleiben, wie er seit 26. Maerz 2007 im Internet stand, waere er immer noch mit der aktuellen Erkenntnislage in Uebereinstimmung.


FN 14.1 :   Folgende Informationen sind mir inzwischen verfuegbar geworden :

(FN 14.1.1)  Wolf Graf von Baudissin 1907-1993. Modernisierer zwischen totalitärer Herrschaft und freiheitlicher Ordnung, herausgegeben im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes von Rudolf J. Schlaffer und Wolfgang Schmidt. R. Oldenbourg Verlag, München 2007, ISBN 978-3-486-58283-3

Es handelt sich um die Festschrift aus Anlass des 100ten Geburtstages von Baudissin am 8.5.2007, die am Vortage in Berlin vorgestellt wurde.

(FN 14.1.2) Ein Interview, das Baudissin einem Redakteur der NDR, Bernd C. Hesslein, im Sommer 1979 in seiner Hamburger Wohnung (HH-Klein Flottbek, Hemmingstedter Weg 51) gab. Das Interiew gehoerte in die Serie "Zeitzeugen". Es wurde am 3.8.1979 im 3. Programm des NDR/RB/SFB/WDR/HR um 20.15 gesendet (Mitteilung Dr. Claus von Rosen). Von diesem Interview kann man Kopien auf DVD beim NDR anfordern (fuer € 36,-- an die NDR MEDIA GMBH). Das Interview wurde wegen des Jubilaeums am 8.5.2007, morgens von 0:30-1:15h, auf dem dritten Programm des BR (BR-Alpha) noch einmal gesendet. Beim BR gibt es aber keine DVD, nur beim NDR. Eine Nachschrift dazu gibt es leider nicht. Vielleicht kann die jemand erstellen ?

Im uebrigen ist dies weder das einzige, noch das beste aller Interviews mit Graf Baudissin, aber es gibt ein lebendiges und typisches Bild von seiner Person in den spaeteren Jahren und es ist leicht zugaenglich.

(FN 14.1.3)  Die Erinnerungen von General Ulrich de Maiziere "In der Pflicht", Verlag Mittler & Sohn; 3. A. Jan. 1997,
ISBN-13: 978-3813205244. Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_de_Maizi%C3%A8re 

(FN 14.1.4) Die Nachschrift eines Podiumsgespraeches, in dem Frau E. Knoke mit General Ulrich de Maiziere am 23.Januar 2002 im Bonner "Haus der Geschichte" ueber Baudissin diskutierte. Anlass war die Vorstellung des von Frau Knoke herausgegebenen Briefwechsels von Baudissin mit seiner spaetere Frau in der Zeit zwischen seiner Gefangennahme 1941 und seiner Freilassung in Munsterlager 1947 (
http://www.bouvier-verlag.de/?autor_id=24. Vgl. oben, FN [3]). Das Tonband dieses Podiumsgespraeches kann im Bonner Haus der Geschichte abgehoert werden. Ob Kopien und Nachschriften angefordert werden koennen, weiss ich nicht.

In dem Podiumsgespraech stellt General de Maizière einen wichtigen Gedanken heraus :  "Jede Armee, in welchem Land auch immer, steht in dem Spannungs­verhältnis von Freiheit und Ordnung. Und es ist sicherlich so gewesen, dass bis 1945 im Wesentlichen in den deutschen Streitkräften der Gedanke der Ordnung im Vordergrund stand, und die Ordnung nur gelockert wurde, soweit es die militärischen Notwendigkeiten nicht störte. Das Konzept, das dann später entwickelt worden ist, im Wesentlichen ja von Baudissin, dreht es genau um. Es stellt die Freiheit in den Vordergrund, und lässt Einschränkungen der Freiheit in militärischen Bereichen nur zu, soweit es militärische Erfordernisse sind. Das heißt, Einschrän­kungen staatsbürgerlicher Rechte müssen von der jeweiligen Funktion her legitimiert sein. So hatte er es, glaube ich, auch einmal ausgedrückt."  Ausserdem glaubt de Maizière, dass Baudissin (der zwar von der Idee, Pfarrer zu werden, bald abgerueckt ist, aber doch dem Gedanken, Geschichtsprofessor zu werden, einiges abgewinnen konnte, und der ja dann auch "sein" Institut, das IFSH, bekam) eine Neigung zum Missionieren und zur Philosophie hatte, die ihm - de Maizière - und auch Kielmansegg abging, da sie beide eher Pragmatiker gewesen seien, die daher auch die Reform der Bundeswehr mehr aus in den Erfordernissen selbst liegenden, als aus philosophischen Gruenden unterstuetzt haetten. De Maizière betont aber ausdruecklich, dass natuerlich auch Baudissin zuerst militaerischer Fachmann war, so dass die Unterscheidung nur eine Stilfrage, nicht eine Grundsatzfrage betrifft.

De Maizière schwaecht auch die von Baudissin in seiner Abschiedsrede 1986 gegebene Darstellung von der Front zwischen zwei Meinungs-Bloecken in der Bundeswehr deutlich ab. Es habe natuerlich grohsse Auffassungsunterschiede gegeben, aber eben auch ein breites Mittelfeld und viel Bewegung. Es sei eher Baudissins Ungeduld mit anders Denkenden gewesen, die schaerfer als noetig zwischen Parteigaengern und Gegnern unterschieden habe. In seinen Erinnerungen "In der Pflicht" (s.o.) begruendet de M. auch die Entscheidung von Adenauers Staatssekretaer Gumbel, Baudissin zur NATO nach Paris "wegzubefoerdern" mit der Sorge Gumbels, Baudissin koennte zu viel Unruhe in die Bundeswehr bringen.

De Maizière bestaetigt im Gespraech  //... das war später auch immer einer der Vorwürfe, die man ihm (B.) und seinem Konzept gemacht hat, dass man gesagt hat: „Der ist ja seit Herbst 1941 nicht mehr im Krieg gewesen, der weiß ja über­haupt gar nicht, was Krieg ist und was in Russland ist.“ Er hat auch gelitten unter diesem Vorwurf, denn er konnte ja nichts dafür. Ich glaube, dass trotzdem das Konzept richtig war. Ich habe mich ja auch ganz identifiziert damit. Aber es war natürlich ein möglicher Angriffspunkt für ihn. //

Es kommt die Bezeichnung "neu-konservativ" in Anwendung auf Baudissin zur Sprache, was de Maizière so auslegt, dass Baudissin zwar sehr konservativ im besten preussischen Sinne gewesen sei, vor allem sehr individualistisch und heftig anti-kollektivistisch, aber eben nicht rueckblickend, sondern immer vorausblickend, von konservativer Basis den Blick auf die kommenden Herausforderungen gerichtet, nicht Vergangenheiten verklaerend und betrauernd.

Zum Dilemma der Aufbaujahre der Bundeswehr vgl. : Franz Knipping und Klaus-Jürgen Müller (Hgg.) : "Aus der Ohnmacht zur Bündnismacht. Das Machtproblem in der Bundesrepublik Deutschland 1945 - 1960", Paderborn 1998 (Vlg. Schöningh, Sammlung Schöningh zur Geschichte u. Gegenwart).

Es ist bei der Auswertung des Nachlasses deutlich geworden, dass Graefin von Baudissin, die ein ausgepraegtes Sprachgefuehl hatte, bei den mehr offiziellen Schriften als aktive Lektorin, wenn auch sicher nicht als "Ghost-Writerin", zur Lesbarkeit dieser Texte beigetragen hat. Baudissin konnte zwar gut und vor allem praezise formulieren (vgl. das Beispiel aus der Diskussion in FN 11 oben), war aber, wie die meisten Fachleute, fuer ein breiteres Publikum oft schwer verstaendlich. Das Lektorat von Graefin Baudissin hat also sicher dazu beigetragen, Baudissins Schriften von allgemeinerer Bedeutung lesbarer zu machen und dadurch auch die Sache, um die es ging, zu foerdern. Fuer eine Ghost-Writerin haette sie sich aber selbst die Kompetenz abgesprochen.



FN 14.2 :   Zum "Wegloben" Baudissins nach Paris 1961

In dem Interview mit Bernd C. Hesslein (s.o., FN 14.1.2) sagt Baudissin ausdruecklich, dass ihn sein kommandierender General fuer den Aufbau der Brigade in Goettingen, die ja als Test fuer Baudissin und sein Fuehrungs-Konzept gedacht war, gelobt habe, und dass damit die Brauchbarkeit seiner Ideen wohl erwiesen sei. Es hat Baudissin daher sehr gekraenkt, dass er gleich anschliessend nach Paris zur NATO "fortgelobt" wurde, statt in eine Schluesselstelle fuer den weiteren Aufbau der Bundeswehr berufen zu werden. Er empfand die Entscheidung als den Sieg seiner Gegner. Aus heutiger Sicht erscheint diese Reaktion unnoetig, aber damals (1961), gegen Ende der Adenauer-Aera, konnte Baudissin noch nicht wissen, dass es bald (ab 1969) SPD-Regierungen und SPD-Verteidigungsmisnister (Schmidt, Leber, Apel) geben wuerde, die sein Programm unterstuetzten, und dass auch General Ulrich de Maizière sich als Generalinspekteur fuer sein Leitbild vom "Staatsbuerger in Uniform" engagierte. Ausserdem gab es auch in der CDU/CSU Unterstuetzung fuer diese Idee.



FN 14.3 :   Zu Marion Graefin zu Doenhoff (ZEIT)

Die Familien Dohna und Doenhoff, Besitzer grohsse Gueter, sind in Ostpreussen benachbart gewesen, "man kannte sich". Dagmar zu Dohna, Baudissins spaetere Frau, war schon als Kind mit Marion Graefin zu Doehnhoff in Ostpreussen befreundet. Graefin Doenhoff, hat auch dazu beigetragen, in Hamburg einen Lehrauftrag fuer Baudissin und "sein" Institut in Blankenese durchzusetzen. Sie fand, dass Baudissin Gelegenheit haben sollte, seine Erfahrungen bei der Bundeswehr und bei der NATO an Studenten der Politologie und Geschichte - Faechern, an denen Baudissin sowieso immer schon interessiert war - weiterzugeben. Damit hatte sie zugleich die fuehrenden deutschen Presseorgane und Redaktionen im Blick, die entsprechend ausgebildete Politologen suchten.


[15]   Zum Autor : 

Autor und Redakteur dieser Seite ist Dr. Hubertus Fremerey aus Bonn, ein Industriephysiker mit starken historischen und politischen Interessen. Als Neffe von Graefin Baudissin hatte ich in den 20 Jahren von 1972 bis 1991 regelmaehssig mehrmals im Jahr Gelegenheit, Baudissins fuer einige Stunden in ihrer Hamburger Wohnung zu besuchen. Zwar kamen immer auch private Dinge zur Sprache, doch uberwiegend sprach man ueber historische, politische, und strategische Themen. Diesen Umstaenden entsprechend betreffen die Notizen auch vor allem diese Hamburger Epoche in Baudissins Leben. Ueber die Zeit "vor Hamburg" bin ich nur vage und aus Hinweisen und Buechern informiert. Insbesondere war ich weder der Bundeswehr noch der Politik oder der Politologie jemals fachlich zugeordnet. Dafuer hatte ich als Physiker aber leichten Zugang zum Verstaendnis der technischen Aspekte moderner militaerischer Fuehrung und Strategie. Der angedeutete Hintergrund erklaert auch, warum der vorliegende Text ein Bericht ist und keine Kurzbiographie. Dennoch stellt sich innerhalb von 20 Jahren und nach so vielen Gespraechen ein Gefuehl dafuer ein, wie jemand denkt und welche Aussagen ueber die Person glaubwuerdig sind. Es war daher ein Ziel dieser Darstellung, das Bild von Baudissins vor Entstellungen zu bewahren durch Leute, die Baudissins persoenlich nicht oder nur fluechtig gekannt haben.

Zur Schreibweise :  Viele Browser haben Probleme mit deutschen Umlauten und ß. Da ich viel auf englisch zu schreiben habe und nicht staendig die Einstellungen umschalten will, habe ich mir einen Schreibstil angewoehnt, der die Umlaute und das ß vermeidet. Aber das Ausmahss eines Ungluecks hat nichts mit einer Masse zu tun, deshalb habe ich das schon zu Zeiten von Lessing und Goethe bekannte Dehnungs-h wieder eingefuehrt. Weshalb hat man das ueberhaupt abgeschafft?

Dieser Text ist nicht abgeschlossen. Fuer Einwaende und Verbesserungsvorschlaege bin ich daher immer dankbar.  Bitte schreiben Sie mir dann per e-mail an  howa@fremerey.net,  Es koennen auch Bilder und Texte mit Angabe von Autorschaft und Copyright der Einsender hier eingebaut werden. Das wird jeweils per e-mail zu verhandeln sein.